Die Deportation der Juden aus Hessen 1940 bis 1945
Schriften der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen 32
von Kingreen, Monica
Von 1940 bis 1945 wurden aus dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Hessen rund 17.000 Menschen, die das Nazi-Regime als Juden verfolgte, in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert – Frauen und Männer, Säuglinge und Schulkinder, Alte und Kranke. Fast alle sind ermordet worden; kaum mehr als 1.000 haben überlebt. Die Deportationen geschahen vor aller Augen.
Erst seit den 1980er Jahren ist dieses Verbrechen – die Entrechtung, Ausgrenzung, Deportation und Ermordung der Jüdinnen und Juden – mitsamt dem konkreten Geschehen „vor Ort“ näher erforscht worden. Inzwischen liegen zahlreiche regionale Veröffentlichungen hierüber vor. Doch fehlte es bislang an einer Gesamtdarstellung zum Land Hessen, obwohl hier besonders viele Juden gelebt haben.
Die Pädagogin und Publizistin Monica Kingreen (1952–2017) hat sich dieser Aufgabe gestellt, konnte das Erscheinen ihres Werks aber leider nicht mehr erleben. Dieses Buch beruht auf dem von der Autorin hinterlassenen Manuskript, das von der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen bearbeitet und in Teilen ergänzt worden ist.
Das Buch, das sich an einen breiten Leserkreis wendet, versammelt zahlreiche Selbstzeugnisse der Betroffenen. Es verleiht den Opfern und ihren Angehörigen eine Stimme und hält diese fest in einer Zeit, da die allermeisten Überlebenden bereits verstorben sind und nicht mehr selbst hierüber berichten können. In vielen Fotografien treten uns die Deportierten – mit näheren Erläuterungen zu ihrem Leben und Schicksal – leibhaftig gegenüber. Die hier abgebildeten Beispiele, aufgenommen um 1940, zeigen Menschen, die nur wenig später deportiert und ermordet wurden. Von den Deportationsvorgängen selbst sind damals ebenfalls Fotos angefertigt worden; aus Hessen sind bislang 65 solcher Bildzeugnisse bekannt. Sie werden hier vollständig veröffentlicht.
Regional widmet sich das Buch dem hessischen Raum in den Grenzen vor 1945, umfasst also die preußische Provinz Hessen-Nassau – mit den Regierungsbezirken Kassel und Wiesbaden – und das frühere Großherzogtum Hessen-Darmstadt (dann Volksstaat Hessen) mit den Provinzen Oberhessen, Rheinhessen und Starkenburg. So werden auch Verschleppungen aus Orten im heutigen Bundesland Rheinland-Pfalz einbezogen; längere Kapitel behandeln die Deportationen aus der Stadt Mainz und dem rheinhessischen Umland. Ergänzt wird das Buch durch Dokumente, Tabellen und Karten sowie Orts- und Personenindizes. Eine Übersicht der Deportationen weist erstmals auch die Verschleppungen aus den Städten und Dörfern hin zu den Deportationsorten nach.