Der Jüdische Friedhof in Hanau
Schriften der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, Bd. 21
= Hanauer Geschichtsblätter, Bd. 42
von Eckhart G. Franz – Christa Wiesner
Seit dem Mittelalter besaß Hanau eine der größten jüdischen Gemeinden in Hessen. Die sog. „Judenstättigkeit“ des Grafen Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg von 1603 leitete die Blütezeit der Gemeinde ein. Mit zeitbedingten Änderungen war dieses Privileg bis ins 19. Jahrhundert hinein gültig und garantierte den jüdischen Einwohnern auf Dauer eine ungehindert freie Ausübung ihrer Religion. Die Hanauer Juden leisteten wichtige Beiträge zur Geschichte und Entwicklung ihrer Stadt, nahmen intensiv am wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Leben teil. Für viele bedeutende Persönlichkeiten aus ihrem Kreis seien stellvertretend der Maler Moritz Daniel Oppenheim und der Reichstagsabgeordnete Gustav Hoch genannt.
Auf eine ebensolange Tradition blickt auch der jüdische Friedhof in Hanau zurück. Unter den in Deutschland erhaltenen jüdischen Friedhöfen nimmt er aufgrund seines Alters und der Qualität seiner Grabsteine einen besonderen Platz ein. Der Friedhof wurde 1605 vor den Toren der Stadt angelegt und im Laufe der Zeit mehrmals erweitert. Letzte Bestattungen mit Grabstein sind im Sommer 1938 verzeichnet, bevor die nationalsozialistische Diktatur auch in Hanau die jüdische Gemeinde auslöschte.
Heute finden sich auf dem weitläufigen Friedhofsgelände noch mehr als 1250 Grabsteine. Viele Steine tragen figürliche Reliefs nach Art von Hauszeichen und geben bildhaft Auskunft über den Namen und die Herkunft der Verstorbenen oder ihre Tätigkeit zu Lebzeiten. Als volkstümliche Handwerksarbeiten sind diese Darstellungen nicht nur von einem großen ästhetischen Reiz, sondern auch ein wichtiges Zeugnis der Kulturgeschichte.
Dieses Buch stellt eine große Zahl der erhaltenen Grabsteine in teilweise farbigen Abbildungen nebst ihrer hebräischen Inschrift und mit Übersetzung vor. Das vollständige Verzeichnis aller bestatteten Personen mit ihren Lebensdaten – ergänzt aus dem Hanauer „Memorbuch“ und erhaltenen Personenstandsregistern – stellt einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation der Hanauer jüdischen Gemeinde und der Genealogie ihrer Familien dar.
Im Textteil wird die Geschichte des jüdischen Friedhofs bis in die Gegenwart detailliert vorgestellt, wobei die Hausnamen der Hanauer Judengasse – in Korrespondenz zu den Motiven der Grabsteine – einen besonderen Schwerpunkt bilden. Ein großformatiger Plan ermöglicht das Auffinden der Grabsteine vor Ort. – Das Buch wendet sich nicht nur an diejenigen, die der Geschichte der jüdischen Bevölkerung in einer hessischen Residenz-, Verwaltungs- und Industriestadt nachgehen wollen, sondern an alle, die sich unabhängig vom regionalen Bezug für die Geschichte der jüdischen Friedhofskultur interessieren.