Der jüdische Friedhof in Dieburg
Schriften der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen XXIV
von Eckhart G. Franz – Christa Wiesner
Jüdische Friedhöfe sind vielfach die einzigen Denkmäler und Erinnerungsstätten für den viele Jahrhunderte umspannenden Anteil jüdischen Lebens an Geschichte und Kultur unseres Landes. Erhaltung und Erschließung der Friedhöfe gehören seit den 1980er Jahren zu den vorrangigen Aufgaben der „Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen“.
Der Friedhof im vormals kurmainzischen Dieburg, gestiftet um 1550, gehört zu den für das ländliche Judentum Südhessens typischen „Sammelfriedhöfen“, die von der oft weit verstreuten jüdischen Bevölkerung in den Landstädten und Gemeinden des Umlandes genutzt wurden. Da die beteiligten Orte des Dieburger Friedhofs bis zu den territorialen Reformen des frühen 19. Jahrhunderts verschiedenen Territorien und Herrschaften angehörten, war die gemeinsame Grablege ein wichtiger Bezugspunkt für die gesamte Region. Nahezu 1000 Grabsteine von 1715 bis in die 1940er Jahre sind auf dem Dieburger Friedhof erhalten.
Der vorliegende Band gibt – ähnlich wie das 2001 erschienene Buch über den benachbarten Sammelfriedhof in Alsbach an der Bergstraße – nach dem einleitenden Kapitel über geschichtliches Umfeld und Entwicklung des Friedhofs im zweiten Teil einen lexikalischen Abriss zu den insgesamt 28 beteiligten Städten und Gemeinden, von denen 16 den Friedhofsverband des 19. Jahrhunderts bildeten. Das umfangreiche Inventar im dritten Teil des Buches führt sämtliche erhaltenen Grabsteine auf und ergänzt dabei die vielfach durch Verwitterung oder Vandalismus beschädigten Grabinschriften durch Informationen aus schriftlichen Quellen in lokalen und regionalen Archiven. Dadurch werden auch familiäre Querverbindungen deutlich gemacht, die in dieser Form bisher nicht greifbar waren.
Einen Eindruck vom heutigen Bild des Friedhofs und von den unterschiedlichen Gestaltungsformen der Grabsteine durch die Jahrhunderte vermitteln über 100 Abbildungen. Den hebräischen Inschriften ausgewählter Grabsteine ist die deutsche Übersetzung gegenübergestellt. Ein beigefügter Lageplan erleichtert das Auffinden der nummerierten Steine, die im Inventar auch über eine ebenfalls beiliegende CD recherchiert werden können. Das Buch gibt einen Einblick in die jüdische Friedhofskultur und hilft interessierten Bürgerinnen und Bürgern bei der „Spurensuche“ nach jüdischem Leben vor seiner Auslöschung durch die NS-Diktatur. Die heute in alle Welt verstreuten Nachfahren der jüdischen Bevölkerung können mit Hilfe dieses Inventarbandes ihre Familiengeschichte rekonstruieren und die Grabstätten ihrer Vorfahren aufspüren. (Mit englischer Zusammenfassung)